Die EU hat am 10. November 2021 mit der EU Crowdfunding Verordnung strengere Richtlinien bei Schwarmfinanzierungen eingeführt. Plattformen müssen bei einem Emissionsvolumen von ein bis fünf Millionen Euro über eine bankaufsichtliche Lizenz im Sinne dieser Verordnung verfügen. Für viele Anbieter von Crowdfundingplattformen ist das eine echte Herausforderung. Aber nun ist erstmals die direkte Vergabe von Unternehmenskrediten über Kreditplattformen in allen 27 Mitgliedsstaaten möglich. Bislang sind die Emissionen meist auf den deutschen bzw. den jeweiligen regionalen Markt beschränkt.
Für Privatanleger hat diese neue Verordnung ein Stück mehr Sicherheit gebracht, das diese Plattformen jetzt reguliert sind.
Die EU Crowdfunding Verordnung
Crowdfunding ist eine innovative Art der Finanzierung von StartUps sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen. Sie ermöglicht es diesen Firmen durch die Sammlung kleine Geldbeiträge von einer großen Investorengruppe die notwendige Finanzierung zu erhalten.
In den USA wurde bereits 2015 die erste Verordnung zum Crowdfunding eingeführt. Die EU hinkt hier allerdings hinterher und einzelne Mitgliedstaaten haben unterschiedliche nationale Crowdfunding-Rahmen geschaffen. Das Fehlen eines harmonisierten Regulierungsrahmens war ein erhebliches Hindernis für die grenzüberschreitende Bereitstellung von Crowdfunding-Angeboten.
Die Idee einer EU-Verordnung zum Crowdfunding, die diese Lücken schließt, wurde im FinTech-Aktionsplan der EU-Kommission formuliert. Auf den ersten Entwurf des künftigen EU-Rechtsrahmens zum Crowdfunding folgte jedoch ein relativ langes Mitentscheidungsverfahren des Europäischen Parlaments und des Rates, in dem verschiedene Änderungen des ursprünglichen Vorschlags vorgenommen wurden. Nach mehr als zwei Jahren langer und intensiver Diskussionen zwischen dem EU-Gesetzgeber wurde der endgültige Kompromisstext der EU-Verordnung ((EU) 2020/1503) über Crowdfunding-Dienstleister (ECSPR) verabschiedet und am 20. Oktober 2020 veröffentlicht.
Die ECSPR (steht für European Crowdfunding Service Provider Regulation) schafft gleiche Ausgangsbedingungen für Betreiber von Crowdfunding-Plattformen in der EU durch die Einführung eines harmonisierten Regelwerks, das es europäischen Crowdfunding-Dienstleistern (CSPs) ermöglicht, das volle Potenzial des EU-Binnenmarkts auszuschöpfen.
Die ECSPR gilt seit dem 10. November 2021. Crowdfundig-Dienstleister, die bereits im Rahmen nationaler Regelungen tätig sind, wurde eine zwölfmonatige Übergangsfrist eingeräumt, um die Einhaltung der neuen Vorschriften zu gewährleisten.
Anwendung der EU Crowdfunding Verordnung
Durch die EU Crowdfunding Verordnung werden zwei der gängigsten Praktiken von Crowdfunding-Plattformen abgedeckt:
- Kreditbasiertes Crowdfunding
- Investmentbasiertes Crowdfunding
Einige andere Arten von Crowdfunding-Praktiken, wie spendenbasiertes Crowdfunding oder belohnungsbasiertes Crowdfunding (bei dem Anleger eine nicht-finanzielle Gegenleistung für ihre Investition erhalten) fallen nicht direkt unter die ECSPR.
Allerdings ist der Höchstbetrag bei Crowdfunding-Angeboten pro Projektinhaber mit 5 Mio. Euro für einen Zeitraum von 12 Monaten begrenzt. Angebote, die diesen Schwellenwert überschreiten, müssen wie bisher die allgemeinen Anforderungen an Emissionen von Finanzinstrumenten (z.B: Prospektverordnung) erfüllen.
Kreditbasiertes Crowdfunding
Der EU-Gesetzgeber hat betont, dass diese Crowdfunding-Praxis klar von der Tätigkeit regulierter Kreditinstitute abzugrenzen ist, die Kredite für eigene Rechnung vergeben und Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder vom Publikum entgegennehmen. Der Betreiber einer Crowdfunding-Plattform handelt als Vermittler. Er ermöglicht nur die Abwicklung eines Kreditvertrages zwischen dem Kreditnehmer (Projektinhaber) und dem Kreditgeber (Investor), ohne selbst als Kreditgeber oder Kreditnehmer aufzutreten.
Neben der einfachen Erleichterung der Kreditvergabe über ihre Plattform dürfen Crowdfunding-Dienstleister auch individuelle Portfoliomanagement-Dienstleistungen in Bezug auf Kredite erbringen.
Auch der Einsatz von Auto-Investing-Tools wird in der EU Crowdfunding Verordnung geregelt. Hier hat der EU-Gesetzgeber entsprechend auf den immer stärker werdenden Einsatz innovativer Technologien im Finanzsektor zu reagieren.
Investmentbasiertes Crwodfunding
Das investitionsbasierte Crowdfunding umfasst sowohl die Platzierung von Wertpapieren sowie zugelassene Instrumente für Crowdfunding-Zwecke (für Deutschland wären das zum Beispiel Anteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung).
Die ECSPR legt jedoch ausdrücklich fest, dass ihr Rahmen unbeschadet der nationalen Gesetze einzelner Mitgliedstaaten gilt, die die Übertragbarkeit solcher Instrumente regeln, z. durch die Vorgabe, dass die Übertragung von einem Notar beglaubigt werden muss.
Der deutsche Gesetzgeber hat beschlossen, von dem durch die ECSPR gewährten Ermessensspielraum Gebrauch zu machen, um Aktien von Gesellschaften mit beschränkter Haftung vom Anwendungsbereich der neuen Regelung auszuschließen. Diese Entscheidung wurde getroffen, weil Anteilsübertragungen in Gesellschaften mit beschränkter Haftung der notariellen Beurkundung unterliegen. Der deutsche Gesetzgeber hält sie daher für keine geeigneten Instrumente für Crowdfunding-Zwecke.
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Konzession
Unternehmen, die als Crowdfunding Plattform Dienstleistungen im Sinne der EU Crowdfunding Verordnung anbieten, müssen eine Genehmigung der zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden einholen. Nach der Zulassung werden sie in der Lage sein, grenzüberschreitend Crowdfunding-Dienste in der gesamten EU anzubieten.
Außerhalb der EU ansässige Crowdfunding-Plattformen müssen daher entweder umziehen oder Tochtergesellschaften in der EU gründen, um eine Genehmigung gemäß der neue Regeln zu erhalten. Das betrifft natürlich jetzt nach BREXIT die sehr gut entwickelnde Crowdfunding Szene in England..
Abgesehen von einem EU-Standort müssen die künftigen Plattformen für die Zulassung auch eine Reihe von betrieblichen und regulatorischen Anforderungen erfüllen. Dazu gehören unter anderem Anforderungen an die Kreditrisikobewertungssysteme, Sorgfaltspflichten in Bezug auf Crowdfunding-Angebote, Anforderungen an die Bearbeitung von Beschwerden, das Management von Interessenkonflikten usw. Darüber hinaus legt die ECSPR in Anlehnung an MiFID II bestimmte Anlegerschutzanforderungen fest, die die Plattformen einhalten müssen. Dazu gehören Anforderungen an die
- verpflichtende Bereitstellung eines kurzen Informationsblatts zu jedem Crowdfunding-Angebot – sogenanntes Key Investor Information Sheet (KIIS) für Anleger
- Inhalt und Genauigkeit der Marketingkommunikation und
- verpflichtende Einstiegs-Wissenstest. Damit soll die Plattform sicherstellen können, dass der potenzielle Anleger mögliche Verluste im Zusammenhang mit einer bestimmten Anlage tragen kann.
Änderungen zu den bestehenden Vorschriften in Deutschland
Nach den bestehenden Vorschriften in Deutschland könnten sowohl die Projektträger als auch die Investor in der Crowdfunding-Struktur möglicherweise in den Anwendungsbereich anderer regulierter Finanzdienstleistungen fallen.
Zum einen kann die Kredittätigkeit des Anlegers selbst (unter bestimmten Voraussetzungen) die regulierte Tätigkeit des Kreditgeschäfts im Sinne des Kreditwesengesetzes (KWG) darstellen. Und für Projektträger kann auch die Mittelbeschaffung über eine Crowdfunding-Plattform eine Erlaubnis zur Einlagenannahme nach dem KWG auslösen.
Um diese Regulierungsunsicherheit zu beseitigen, hat das deutsche Umsetzungsgesetz einige Änderungen des KWG vorgenommen. Projektträger und Anleger, die über Crowdfunding-Plattformen, die gemäß ECSPR zugelassen sind, Mittel beschaffen bzw. investieren, werden nicht als Kreditgeber oder Einlagennehmer behandelt.
Zusammenfassung
Die EU Crowdfunding Verordnung hat Pionierarbeit bei der Angleichung der Wettbewerbsbedingungen für Betreiber von Crowdfunding-Plattformen geleistet. Sie zielt darauf ab, die grenzüberschreitende Bereitstellung von Crowdfunding-Diensten in der gesamten EU zu fördern. Die Verordnung hat es das Potenzial, erhebliche Unterschiede in den nationalen Regelungen zum Crowdfunding in den verschiedenen Mitgliedstaaten zu überbrücken.
Die praktischen Auswirkungen auf die Branche bleiben jedoch abzuwarten. Antworten auf viele Fragen, die potenzielle Plattformen zu den Bedingungen, unter denen sie die neue Regelung nutzen können, benötigen, werden noch in den Gesetzen der einzelnen Mitgliedstaaten zu finden sein.
Der FinTech-Aktionsplan, die ECSPR und die Vorschläge im Rahmen des Digital Finance Package belegen das starke Engagement der Kommission für die Schaffung eines geeigneten Rechts- und Regulierungsrahmens für die FinTech-Branche in der EU. Und diese Entwicklung wird hier sicher nicht enden.
Rechtlicher Hinweis Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und ausgearbeitet, dient aber lediglich allgemeinen Informationszwecken. Er handelt sich nicht um eine individuelle Rechtsberatung, und soll diese auch nicht ersetzen.